Speziell in Fertighäusern aus den 60er, 70er und 80er Jahren stößt man oft auf muffige Gerüche.
Ein Fallbeispiel aus der Praxis
Es ist Montagmorgen, das Telefon läutet im baubiologischen Sachverständigenbüro. Am anderen Ende der Leitung ist eine junge Mutter, die zusammen mit ihrem Ehemann überlegt, ein Fertighaus aus dem Baujahr 1974 zu erwerben.
Bekannte hätten sie darauf aufmerksam gemacht, dass Fertighäuser problematisch für die Gesundheit bzgl. Schadstoffen wie Formaldehyd, Holzschutzmitteln und Asbest sein können.
Auf die Frage: „Wurden bei der Besichtigung auffällige Gerüche wahrgenommen?“, wurde geantwortet: „Ja, es hat etwas muffig gerochen, aber das Haus wird derzeit von einem älteren Ehepaar mit Hunden bewohnt. Das kommt bestimmt daher!“
Das Fehlgerüche verschiedene Ursachen haben können, zeigen jahrelange baubiologische Erfahrungen und Messungen.
Was verursacht die muffigen Gerüche?
• Alterung und Beschädigungen der Gebäudehülle: Bei Undichtigkeiten kann Feuchte in den Wandaufbau gelangen. Dadurch können sich Schimmelpilze und Bakterien in der Wandkonstruktion und in der Dämmung bilden. Infolge der Stoffwechselprozesse geben die Mikroorgansimen geruchsaktive und weitere leichtflüchtige organische Substanzen (MVOC) in die Raumluft ab.
• Wasserschäden und erhöhte Feuchte können zusätzlich zu Schäden an den verbauten Spanplatten in Innenwand- und Bodenaufbauten führen. Die Feuchteschäden führen zu muffigen Gerüchen z.B. durch Chlornaphthaline, deren Geruch an Gegenständen und Kleidung anhaftet.
• Zur Bauzeit wurden Holzschutzmittel mit Bioziden wie z.B. Pentachlorphenol (PCP), DDT oder Lindan eingesetzt. Bei dauerhaft vorliegender Feuchtigkeit werden diese mikrobiell zersetzt und es entwickeln sich Abbauprodukte wie z.B. Chloranisole. Diese sind häufig die Ursache für den typischen schimmelig-muffigen Fertighausgeruch. Besonders charakteristisch ist, dass der muffige Geruch an Oberflächen und Materialien sehr stark anhaftet. Auch auf Kleidung, Haaren oder Gegenständen der Bewohner außerhalb des Hauses ist er wahrnehmbar.
• Phenol-Formaldehyd-Harze als Bindemittel in Spanplatten in Außenwänden oder Fußbodenaufbauten. Phenole zählen zu den geruchsaktiven Substanzen.
• Durch teerhaltige Baustoffe in Abdichtungen oder Beschichtungen wird Naphthalin als leichtflüchtiger geruchsintensiver Bestandteil PAK-haltiger Produkte abgegeben.
• Je nach Zustand und Bauart des Fertighauses sind zusätzlich zu den auffälligen Gerüchen auch Belastungen durch weitere Schadstoffe, darunter Formaldehyd, Asbest, Mineralwolle, Essigsäuren und weitere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) möglich.
Sind die Schadstoffe gesundheitsschädlich?
Die Schadstoffe können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie z.B. Allergien, Atemwegsbeschwerden und Schleimhautreizungen oder auch schwerwiegenderen Erkrankungen bei den Raumnutzern führen.
Gibt es nach fast 50 Jahren überhaupt noch eine Belastung durch Formaldehyd und Holzschutzmittel?
Die Frage, ob nach so vielen Jahren noch eine Belastung besteht, lässt sich über fachgerechte baubiologische Untersuchungen klären. Der Ursache und der Quellen für die muffigen Gerüche kommt man so auf die Spur.
Anhand der Ergebnisse lässt sich das gesundheitliche Risiko abschätzen und ein Sanierungskonzept ableiten, welches Belastungen durch Schadstoffe und Gerüche reduziert und die Qualität der Innenraumluft deutlich verbessert.
Welche Messungen und Untersuchungen sind in Fertighäusern sinnvoll?
Sachverständige baubiologische Untersuchungen im alten Fertighaus (Fertighaus-Check) für Käufer, Verkäufer oder Bewohner beinhalten in der Regel:
• Raumluftmessungen auf Formaldehyd, Holzschutzmittel (PCP, Lindan, Dichlofluanid, DDT), Essigsäuren, geruchsintensive Chloranisole und Chlornaphthaline
• Staub- und Materialuntersuchungen auf Holzschutzmittel, PCB, PAK
• Luft-, Oberflächen- und Materialuntersuchungen auf Fasern von künstlicher Mineralwolle (KMF) und Asbest
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Autoren: AG Gerüche in Innenräumen