Bodenbeläge aus baubiologischer Sicht

Bodenbeläge sind wichtige Faktoren für das Raumklima - je nachdem können sie entscheidend zu baubiologisch guten und gesunden Innenräumen beitragen, oder aber im Gegenteil für Luftbelastungen, für unnatürliche und schädliche Bedingungen verantwortlich sein.

Aus baubiologischer Sicht ist dabei besonders wichtig, dass die Bodenbeläge keine Schadstoffe und/oder Gerüche abgeben, sie selbst nicht und auch nicht zugehörige Kleber oder Oberflächenbeschichtungen. Des Weiteren sollten sich an den Böden oberflächlich keine elektrostatischen Aufladungen ausbilden können, diese würde zu einem schlechten Raumklima führen, z.B. zu einer geringen Luftionisation. Und schließlich ist es vorteilhaft, wenn der Bodenbelag atmungsfähig, also weitgehend durchlässig für Wasserdampf ist. Da weitere Ansprüche wie Strapazierfähigkeit, leichte Pflege, lange Haltbarkeit oder Hygiene zu berücksichtigen sind, fällt die Auswahl des passenden Bodenbelags oft nicht leicht und kann nur von Fall zu Fall nach Art der geplanten Raumnutzung, individuell nach persönlichen Vorlieben und Ansprüchen getroffen werden. Speziell in Schlaf- oder Kinderzimmern und bei gesundheitlich besonders sensiblen Personen sollten aber keinerlei Kompromisse betreffend baubiologischer Anforderungen gemacht werden.Teppichböden aus Kunstfaser oder Schurwolle, Holzböden wie Massivparkett, Fertigparkett oder Dielen, Laminat oder Kork, Steinböden oder Fliesen, Linoleum, PVC oder andere elastische Bodenbeläge - bei dieser Vielzahl von Möglichkeiten gibt es nicht den einen idealen Boden für jeden Fall, alle haben baubiologische sowie sonstige Vor- und Nachteile. Diese sollen im Folgenden kurz skizziert werden, gefolgt von einigen Tipps zur Belags-Auswahl bzw. beim Auftreten von Problemen.

Teppichböden

Teppiche und Teppichböden werden meist als gemütlich und fußwarm empfunden, in Räumen mit solchen textilen Bodenbelägen muss aber infolge des Faserabriebs generell mit einem erhöhten Staubaufkommen gerechnet werden, insbesondere bei hoher Beanspruchung oder, zunehmend mit den Jahren, bei älteren Böden. In diesem Staub und in den Belägen selbst können sich zudem höhere Allergen-Konzentrationen (Hausstaubmilben-Exkremente, Schimmelpilzsporen...) und schwerflüchtige Schadstoffe anreichern.

Grundsätzlich baubiologisch empfehlenswerter als Synthetikteppiche sind Böden aus Naturmaterialien wie Schurwolle, Ziegenhaar, Sisal oder Jute; hier treten z.B. in der Regel keine elektrostatischen Aufladungen auf, vom eigentlichen Material her ist auch nicht mit Schadstoff-Emissionen zu rechnen. Allerdings werden solche Böden nicht selten zum Schutz vor Mottenbefällen mit entsprechenden Mitteln behandelt - dies sind Insektizide, meist Pyrethroide wie Permethrin, bei denen als gesundheitliche Auswirkungen z.B. Schleimhautreizungen, Kopfschmerzen oder Nervenschädigungen bekannt sind. Um hier mögliche Innenraumbelastungen zu vermeiden, sollten aus baubiologischer Sicht nur Natur-Teppichböden ohne solche 'Ausrüstungen' verlegt werden.

In Synthetikmaterialien sind diverse Substanzen verarbeitet, die je nachdem auch noch längere Zeit ausdünsten können - am bekanntesten sind hier sicherlich die charakteristischen Gerüche, die über Monate oder sogar Jahre hinweg auftreten können, verursacht oft durch Schaumrücken oder Klebstoffe aus Styrol-Butadien-Latex. Schadstoff-Emissionen sind möglich, je nach Modell kann man (die in Kinderspielzeug mittlerweile verbotenen) Weichmacher oder auch Flammschutzmittel, Konservierungsmittel, Schwermetalle, verschiedenste Lösemittel oder Substanzen zur antistatischen Ausrüstung, zur Lichtstabilität oder zur Schmutzabweisung finden. Zusätzlich können beim Verkleben hohe Mengen an Lösemitteln freigesetzt werden.

Holz und Laminat

Neben der Materialauswahl (Holzdielen, Parkett, Fertigparkett, Laminat...) sind bei diesen Bodenbelägen die Oberflächenbearbeitung und die Befestigung auf dem Untergrund zu beachten. Grundsätzlich ist Holz eines der baubiologisch empfehlenswertesten Materialien für Böden.

Bei Laminat handelt es sich um ein Trägermaterial aus Spanplatten, HDF-Platten o.ä., welches an der Oberseite mit Kunststofffurnier beschichtet ist. Auffälligkeiten entstehen regelmäßig durch Ausgasungen von Formaldehyd oder Lösemitteln, oberflächlich bilden sich meist leicht elektrostatische Aufladungen aus, die das Raumklima beeinträchtigen. Aus baubiologischer Sicht sind viele Laminate deshalb abzulehnen.

Bei Bodenbelägen aus massivem Holz sind diese Faktoren in den allermeisten Fällen deutlich weniger oder gar nicht problematisch. So weisen gewachste bzw. geölte Oberflächen keine elektrostatischen Aufladungen auf und sind raumklimatisch vorteilhaft. Werden (meist den Boden komplett abdichtende) Lacke bzw. Versiegelungen aufgebracht, sollte während der Verarbeitung gründlichst gelüftet werden und auf säurehärtende SH-Lacke verzichtet werden, da diese Formaldehyd freisetzen können. Beim Einsatz von Wasserlacken kann es zu längerfristigen Ausgasungen von Glykolethern kommen, deren Gesundheitsrisiko noch umstritten ist. Es sollte immer überprüft werden, ob auf eine Behandlung von Holzoberflächen nicht ganz verzichtet werden kann.

Natürliche Wachse und Öle sind in aller Regel deutlich empfehlenswerter, auch sie sollten aber nur sparsam eingesetzt werden, da manchmal ausgasende Inhaltsstoffe wie z.B. Terpene allergisierend, reizend oder schon wegen ihres Geruchs belastend wirken können. Speziell bei Weichhölzern kann dies auffällig werden, da sie viel mehr Terpene als Harthölzer enthalten und Öle tiefer aufsaugen (und dann lange Zeit wieder abgeben).

Alte Holzböden (vor etwa 1980) wurden häufig mit kritischen Holzschutzmittelwirkstoffen (PCP, Lindan, Dioxine...) behandelt oder mit Schadstoff-haltigen Klebern (PAK) fixiert. Bei Verdacht sollten entsprechende Analysen vorgenommen werden.

Kork

Der aus Korkeichen gewonnene Kork wird durch seine eigenen Harze oder zugesetzte Kunstharze verklebt. So entsteht ein in der Regel baubiologisch empfehlenswerter, ökologischer und schadstoffarmer elastischer Bodenbelag. Meist wird eine Oberflächenbehandlung mit Siegellacken oder Ölen vorgenommen, wie sie auch bei Holzfußböden eingesetzt werden. Schadstoffproblematik sowie sonstige Vor- und Nachteile sind insofern die gleichen wie bei Holzböden. Zusätzlich können bei Korkböden Geruchsauffälligkeiten hinzukommen, z.B. durch phenolische Verbindungen aus zu stark erhitzten Harzen.

Steinböden und Fliesen

Steinböden und Fliesen lassen sich hervorragend reinigen und bieten Staub und Allergenen keine Anheftungsflächen, auch laden sie sich nicht elektrostatisch auf. Der Nachteil von weniger Wärme und Behaglichkeit kann mit einzelnen Teppichen aufgefangen werden. In seltenen Fällen können Granite oder Fliesen erhöhte radioaktive Abstrahlungen aufweisen, dies sollte sicherheitshalber vor dem Verlegen mit entsprechenden Messungen überprüft werden.

Elastische Bodenbeläge - PVC, Linoleum, Kautschuk…

Materialien aus Polyvinylchlorid, dem so genannten PVC, sind schon aufgrund ihres umweltbelastenden Herstellungsverfahrens und der Entsorgung problematisch. Sie enthalten außerdem überaus große Mengen an Weichmachern aus der Gruppe der Phthalate, zudem oft Stabilisatoren wie Zinn, Schwermetall-Farbstoffe oder Flammschutzmittel, die aus dem PVC freigesetzt werden können und so in Raumluft oder Hausstaub gelangen. Die Oberfläche von PVC-Belägen wird häufig mit Polyurethanen beschichtet. Bei Verbrennungsprozessen (z.B. Wohnungsbrand) entstehen zudem meist hohe Konzentrationen an Salzsäure sowie hochgiftige Dioxine. Ältere PVC-Böden können Asbest enthalten.

In letzter Zeit werden PVC-Bodenbeläge häufig nur noch als Vinylböden beworben, manchmal werden hier auch nicht die mehr und mehr als gesundheitlich kritisch anerkannten Phthalate als Weichmacher eingesetzt, sondern andere Substanzen wie z.B. DOTP (Dioctylterephthalat). Aus baubiologischer Sicht bleibt abzuwarten, ob hierbei wirklich keine Schadstoff-Belastungen mehr entstehen.

Linoleum ist eine ökologisch und biologisch in der Regel empfehlenswerte Alternative zu PVC, da es hauptsächlich aus nachwachsenden natürlichen Rohstoffen wie z.B. Leinöl hergestellt wird und frei von chlorhaltigen Schadstoffen ist. Linoleum stellt keine Dampfsperre für Feuchtigkeit dar und sorgt mit für ein gutes Raumklima. Zu beachten sind die jeweiligen Oberflächenbeschichtungen, z.B. Wachse, Polyurethane oder Acrylate, diese können die Oberflächeneigenschaften verändern und je nachdem Schadstoffe beinhalten. Auch Geruchsprobleme bei Linoleum sind möglich, da Leinölbestandteile zu geruchsintensiven Verbindungen wie z.B. Hexanal abgebaut werden können.

Weitere elastische Bodenbeläge werden aus Gummi bzw. Kautschuk hergestellt, sie werden auch Elastomerbeläge genannt. Ihre Basis ist in aller Regel der aus Styrol und Butadien hergestellte SBR-Synthesekautschuk. Belastungen mit Weichmachern sind hier nicht zu erwarten, es können aber Gerüche durch z.B. Phenylcyclohexen auftreten, zudem sind diverse Zusatzstoffe wie Schwefel, Ruß, Farbstoffe, Zinkoxid oder Alterungsmittel enthalten, auch können krebserzeugende Nitrosamine gebildet werden.

Mehr und mehr bringen Hersteller auch elastische Beläge auf Grundlage natürlicher Rohstoffe wie Rizinus- oder Rapsöl heraus, oft werden hier aber - wie zumindest zur Beschichtung ja auch schon bei diversen anderen Böden erwähnt - Polyurethane verwendet, wegen ihrer Zusammensetzung aus giftigen Isocyanaten in der Kritik stehende Substanzen.

Baubiologische Tipps zu Bodenbelägen

Speziell für Allergiker sind glatte Bodenbeläge baubiologisch meist empfehlenswerter, da sich Staub, Schmutzpartikel und anhaftende Allergene von Schimmelpilzsporen, Hausstaubmilben oder Pollen dort kaum festsetzen und durch feuchtes Reinigen bzw. Saugen mit Mikrofilterstaubsaugern gut entfernt werden können.

Vor dem Verlegen eines Bodenbelages sollte man sich umfangreich über das ausgesuchte Material informieren. So sind technische Daten und Sicherheitsdatenblätter, Untersuchungsberichte und Prüfzeugnisse vom Hersteller zu kontrollieren, ideal sind Volldeklarationen der Ware. Lapidare Formulierungen wie z.B. "Unsere Produkte sind Schadstoff-geprüft und erfüllen die gesetzlichen Anforderungen" helfen kaum, 'Schadstoff-geprüft' heißt nicht 'Schadstoff-frei', außerdem gehen baubiologische Ansprüche meist deutlich weiter als gesetzliche Regelungen.

Vor dem Kauf sollte man sich (am besten schriftlich) möglichst detaillierte und exakte Garantien über die Geruchsneutralität und Schadstoff-Freiheit ausstellen lassen.

Beim Kauf größerer Mengen bzw. wertvollerer Ware sollten im Vorfeld sicherheitshalber laborchemische Schadstoff-Analysen vorgenommen werden. Immer wieder tauchen dabei trotz Garantien der Verkäufer kritische Wohngifte auf.

Bei Allergikern oder bezüglich Gerüchen besonders empfindlichen Personen (z.B. MCS-Erkrankten) kann es hilfreich sein, sich Muster der geplanten Bodenbeläge zu besorgen und diese z.B. nachts neben dem Bett zu lagern. Mit solchen groben Provokationstests kann abgeschätzt werden, ob individuelle Reaktionen wahrscheinlich sind oder nicht.

Auf die Verwendung von Bodenbelagsklebern sollte möglichst verzichtet werden, um Schadstoff-Freisetzun­gen (insbesondere von Lösemitteln) aus diesen oder auch ungünstige chemische Reaktionen mit dem Untergrund (wodurch sich ebenfalls Schadstoffe oder Gerüche bilden können) zu vermeiden. Alternativen sind z.B. bei Teppichböden oder elastischen Bodenbelägen die Fixierung mit doppelseitigem Klebeband oder Verspannungen, bei Fertigparkett, Laminat, Kork… die schwimmende Verlegung oder bei Massivholzdielen die Verschraubung.

Treten Gerüche oder gesundheitliche Beschwerden auf und besteht der Verdacht auf Zusammenhänge mit Bodenbelägen, sollten zur Klärung möglicher Belastungen die Raumluft, der Hausstaub und/oder Materialproben wie z.B. der Bodenbelag selbst analysiert werden.

Autor
Manfred Mierau, Baubiologie MAES

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